05 April 2024

Zusammensetzung des Europäischen Parlaments und degressive Repräsentation: Drei Vorschläge in der Debatte

Von Friedrich Pukelsheim
Plenarsaal des Europäischen Parlaments
Wie sollen die Sitze des Europäischen Parlaments unter den Mitgliedstaaten der Union aufgeteilt werden?

Mit dem Rechtsbegriff „Zusammensetzung des Europäischen Parlaments“ bezeichnet der Vertrag von Lissabon die Verteilung der Sitze des Europäischen Parlaments auf die Mitgliedstaaten der Union (Art. 14 (2) EUV). Entscheidungen darüber trifft der Europäische Rat einstimmig und auf Vorschlag des Parlaments. Bislang erfolgten sie jedoch immer nur ad hoc für jede anstehende Wahlperiode; ein allgemein anerkanntes Verfahren, das es erlauben würde, die Anzahl der Sitze eines Mitgliedstaates direkt anhand seiner Bevölkerung zu berechnen, gibt es nicht. Es obläge dem Parlament, einen entsprechenden Beschluss zu initiieren. Doch trotz jahrzehntelangen Diskussionen hat das es bislang keine entscheidenden Schritte unternommen. Immerhin hat sich ein allgemeines Einvernehmen herausgebildet, dass das angestrebte Verfahren objektiv, fair, dauerhaft und transparent sein soll.

Im Februar 2024 fand während einer ordentlichen Sitzung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (AFCO) wieder einmal ein Workshop über ein permanentes System für die Sitzverteilung im Europäischen Parlament statt. Die Referenten, Friedrich Pukelsheim, Victoriano Ramírez González und Manuel Müller, schlugen drei Verteilungsmethoden vor: Power-Kompromiss, FPS-Verfahren und proportionale Vervollständigung durch transnationale Listen. In diesem Beitrag werde ich kurz die Vorschläge nachzeichnen und die daraus resultierenden Zusammensetzungen mit der Ad-hoc-Zusammensetzung für das kommende Parlament 2024-2019 vergleichen.

Degressive Repräsentation

Jedes Aufteilungsverfahren für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments muss den Kriterien genügen, die durch primäres und sekundäres Unionsrecht vorgegeben sind. Das politisch heikelste und verfahrenstechnisch anspruchsvollste Kriterium ergibt sich aus Art. 14 (2) EUV:

Die Bürgerinnen und Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional […] vertreten.

Eine Entschließung des Parlaments von 2007 deutet diese degressive Proportionalität als Ausdruck des Solidaritätsprinzips,

demzufolge die bevölkerungsreichsten Staaten akzeptieren, unterrepräsentiert zu sein, um eine bessere Vertretung der bevölkerungsärmsten Staaten zu ermöglichen.

Diese Deutung wird von dem Begriff „degressive Repräsentation“ besser getroffen als von dem in sich widersprüchlichen Vertragsbegriff „degressive Proportionalität“. Um die Terminologie zu vereinfachen, werde ich im Folgenden einfach von „Degressivität“ sprechen.

Degressivität bedeutet, dass ein Abgeordnete:r aus einem bevölkerungsreicheren Mitgliedstaat mehr Bürger:innen vertritt als ein Abgeordnete:r aus einem bevölkerungsärmeren Mitgliedstaat. Eine praktikable Definition dieses Konzepts wurde bei der Festlegung der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments 2024-2029 umgesetzt: Die Repräsentationsrate eines bevölkerungsreicheren Mitgliedstaates soll größer sein als die Repräsentationsrate eines bevölkerungsärmeren Mitgliedstaates, wobei die Repräsentationsrate eines Staates das Verhältnis zwischen der Bevölkerungszahl des Staates und der Anzahl seiner Sitze vor der Rundung ist.

Die anderen relevanten Kriterien sind einfach: Die Sitzkontingente der Staaten müssen zwischen 6 und 96 Sitzen umfassen (Art. 14 (2) EUV). Das Minimum von sechs Sitzen wird für den kleinsten Staat voll ausgeschöpft. Die Obergrenze von 96 Sitzen wird nur dann in Anspruch genommen, wenn dies – wie derzeit – erforderlich ist; sollte die Zahl der EU-Mitgliedstaaten weiter zunehmen, könnte ohnehin eines Tages kein Land mehr 96 Sitze beanspruchen. Und schließlich müssen die Bevölkerungsgrößen und Sitzkontingente der Mitgliedstaaten konkordant wachsen, d. h. je größer die Bevölkerung eines Mitgliedstaates ist, desto größer ist sein Anspruch auf eine große Anzahl von Sitzen.

Bevölkerungszahlen

Die wesentlichen Eingangsdaten für jedes Zuteilungsverfahren sind die Bevölkerungszahlen der Mitgliedstaaten. Die Frage, wen man zählen oder nicht zählen soll, ist dabei subtil und heikel. Die Europäische Union hat diese Frage jedoch für sich bereits beantwortet, als sie das Verfahren für qualifizierte Mehrheitsentscheidungen (QMV) im Rat eingeführt hat, für das ebenfalls eine offizielle Definition der Bevölkerung der Mitgliedstaaten nötig ist.

Diese QMV-Bevölkerungszahlen werden jeden Dezember für das folgende Kalenderjahr veröffentlicht. Da Rat und Parlament Organe mit gemeinsamer Gesetzgebungsverantwortung sind, bietet es sich an, diese Zahlen auch als Datengrundlage für die Zusammensetzung des Parlaments zu nutzen. Die im Folgenden diskutierten Beispiele stützen sich jeweils auf die QMV-Bevölkerungszahlen für 2023, die verfügbar waren, als die Zusammensetzung des Parlaments für 2024-2029 beschlossen wurde.

Sollte das Parlament bei der Festlegung seiner Zusammensetzung eine andere Datengrundlage bevorzugen, müsste es jedenfalls eine ordnungsgemäße Dokumentation sicherstellen. In den aktuellen Beschlüssen wird vollständig darauf verzichtet, irgendwelche Bevölkerungszahlen zu erwähnen, wodurch weder Degressivität noch Konkordanz überprüfbar sind. Der beiläufige Hinweis, dass die Bevölkerungsdaten von EuroStat stammen, ist unzureichend und zu ungenau, da sich diese Quelle ständig ändert.

Zur Umsetzung der Degressivität müssen die Rohbevölkerungszahlen in einer Weise adjustiert werden, die größere Staaten etwas mehr und kleinere Staaten etwas weniger betrifft. In der Art, wie diese Degressivitätsanpassungen vorgenommen werden, unterscheiden sich die drei hier vorgestellten Vorschläge grundlegend. Der Power-Kompromiss wandelt rohe Bevölkerungszahlen in adjustierte Bevölkerungseinheiten um. Das FPS-Verfahren wandelt rohe Bevölkerungszahlen in adjustierte Sitzquoten um. Bei der proportionalen Vervollständigung wird jede Bevölkerungszahl durch ihre Quadratwurzel ersetzt.

Power-Kompromiss

Der Power-Kompromiss trägt sowohl der Repräsentation der Bürger:innen der Mitgliedstaaten als Kollektiv als auch der Repräsentation der Unionsbürger:innnen als Individuen Rechnung. Die kollektiven Bürgerschaft wird berücksichtigt, indem jedem Mitgliedstaat eine gleiche Anzahl von „Basissitzen“ zugeteilt wird. Erhält zum Beispiel jeder der 27 Mitgliedstaaten vier Basissitze, so sind auf diese Weise 108 Sitze vergeben. Bei einer Parlamentsgröße von 720 Sitzen verbleiben 612 Sitze für die weitere Verteilung.

Die Verteilung der verbleibenden Sitze berücksichtigt die Bürger:innen als Individuen, indem sie auf die Bevölkerungsgröße der Mitgliedstaaten Bezug nimmt. Aufgrund des Degressivitätsgrundsatzes werden die rohen Bevölkerungszahlen auf „adjustierte Bevölkerungseinheiten“ reduziert. Hierfür werden alle Bevölkerungszahlen mit einem gemeinsamen Exponenten potenziert, wobei der genaue Wert des Exponenten aus den Eingangsdaten und den Rahmenbedingungen berechnet wird. Die verbleibenden Sitze werden proportional auf die adjustierten Bevölkerungseinheiten verteilt, wobei das Divisorverfahren mit Aufrundung angewendet wird. Aus der Verwendung einer Potenz (englisch power) bei der Berechnung leitet sich der Name „Power-Kompromiss“ ab.

Zusammengefasst enthält der Power-Kompromiss drei Parameter, die zusammen das System bestimmen: Die Anzahl der Basissitze wird so festgelegt, dass jeder Staat mindestens sechs Sitze erhält. Der Potenzparameter wird anhand der verfügbaren Daten so berechnet, dass der größte Mitgliedstaat höchstens 96 Sitze erhält. Der Divisor regelt die Verteilung der verbleibenden Sitze so, dass die Sitzkontingente aller Staaten zusammen die vorgegebene Größe des Parlaments genau ausschöpfen.

Angewandt auf das Parlament 2024-2029 würde der Power-Kompromiss die 720 Sitze nach ziemlich transparenten Anweisungen verteilen: Jeder Mitgliedstaat erhält vier Basissitze plus einen Sitz pro begonnene 28.321 adjustierte Bevölkerungseinheiten, wobei die adjustierten Bevölkerungseinheiten berechnet werden, indem man die QMV-Bevölkerungszahlen für 2023 mit dem Exponenten 0,8095 potenziert.

Der Power-Kompromiss ist objektiv und dauerhaft. Er erlaubt die Kontrolle und Variation von Bevölkerungszahlen, der Zahl der Mitgliedstaaten und der Gesamtzahl der Sitze im Parlament. Zudem hat er eine gewisse eingebaute Dynamik hin zu mehr Einfachheit und Gerechtigkeit: In einer wachsenden Union könnte auch der größte Staat weniger als 96 Sitze haben, sodass die Obergrenze bedeutungslos wird. In diesem Fall würde der Potenzparameter gleich 1 werden, sodass die adjustierten Bevölkerungseinheiten direkt mit den rohen Bevölkerungszahlen übereinstimmen.

FPS-Verfahren

Das FPS-Verfahren verwendet eine andere Art der Degressivitätsanpassung, indem es „adjustierte Sitzquoten“ erzeugt. Die adjustierte Sitzquote eines Staates ist eine ungerundete Zahl, die in der Nähe der tatsächlichen Sitzzahl des Staates liegt. Die adjustierten Sitzquoten ergeben sich als eine Summe aus drei Teilen: dem festen Teil (fixed part, F), dem proportionalen Teil (proportional part, P) und dem Quadratwurzelteil (square-root part, S). Daher die Abkürzung FPS.

Im festen Teil wird die Gesamtzahl der Sitze gleichmäßig auf alle Mitgliedstaaten verteilt. Im proportionalen Teil wird die Gesamtzahl der Sitze proportional zur Bevölkerungszahl verteilt, während im Quadratwurzelteil die Gesamtzahl der Sitze proportional zur Quadratwurzel der Bevölkerungszahl verteilt wird. Die Gewichtung der Teile muss im Voraus festgelegt werden. Der Verfasser Victoriano Ramírez empfiehlt – in Annäherung an frühere reale Zusammensetzungen des Parlaments – eine Mischung aus 10 % festem Teil, 50 % proportionalem Teil und dem Rest (40 %) Quadratwurzelteil. Ich nenne diese Mischung F10P50S.

Die verfügbaren Sitze werden dann nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung proportional zu den adjustierten Sitzquoten verteilt, wobei die Zusatzbedingungen zu beachten sind, dass das Kontingent eines Staates mindestens sechs und höchstens 96 Sitze betragen muss.

Bei Anwendung auf das EP 2024-2029 würde das F10P50S-Verfahren beispielsweise zu folgender Verteilung führen: Das Sitzkontingent eines Mitgliedstaates ist die ganze Zahl, die dem Quotienten aus seiner adjustierten Sitzquote und dem Divisor 0,9955 am nächsten kommt, es sei denn, eine Erhöhung auf sechs Sitze oder eine Verringerung auf 96 Sitze ist erforderlich. Die adjustierte Sitzquote eines Mitgliedstaates ergibt sich aus der QMV-Bevölkerung pop von 2023 durch die Formel:

0,1 ·

1

· 720 + 0,5 ·

pop

· 720 + 0,4 ·

pop

· 720

27

447 533 143

91 209

Der Divisor 0,9955 wird so bestimmt, dass sich die Sitzkontingente aller Staaten zur gegebenen Parlamentsgröße von 720 Sitzen addieren. Der Nenner 447 533 143 entspricht der Bevölkerungszahl der gesamten EU, während 91 209 die Summe der Quadratwurzeln der Bevölkerungszahlen aller Mitgliedstaaten ist.

Wie der Power-Kompromiss erlaubt das FPS-Verfahren die Kontrolle und Variation der Bevölkerungszahlen, der Anzahl der Mitgliedstaaten und der Gesamtsitzzahl des Parlaments. Die FPS-Prozentsätze von 10, 50 und 40 sind jedoch statisch und nicht von Daten abhängig, was zu politischen Streitigkeiten einlädt. Kleinere Staaten würden von einer Erhöhung des festen, größere Staaten des proportionalen, mittelgroße Staaten des Quadratwurzelteils profitieren. Da zugleich die Summe der Prozentsätze immer 100 ergeben muss, ist des einen Freud hier des anderen Leid.

Außerdem sollte in der letzten Phase das Divisorverfahren mit Aufrundung, nicht das Divisorverfahren mit Standardrundung angewendet werden. Aufrundung begünstigt kleinere gegenüber größeren Staaten und entspricht damit eher dem Sinn der Degressivität.

Proportionale Vervollständigung durch transnationale Listen

Das System einer proportionalen Vervollständigung durch transnationale Listen nimmt das Europawahlrecht in seiner Gesamtheit in den Blick, nicht nur die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments. Sein Ziel ist ein höheres Maß an Wahlgleichheit aller Unionsbürger:innen, als es derzeit durch getrennte Wahlen in 27 Mitgliedstaaten erreicht wird. Zu diesem Zweck werden 75 der maximal 751 Parlamentssitze über transnationale Listen der europäischen politischen Parteien besetzt. Diese 75 Sitze haben einen unionsweiten Ursprung und werden deshalb keinem einzelnen Mitgliedstaat zugerechnet.

Bei diesem Ansatz verbleiben also 676 Sitze, die auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Die künftige Stärkung der europäischen Dimension durch transnationale Sitze mildert die nationalen Konflikte bei der Sitzverteilung und erlaubt deshalb ein einfacheres Verteilungsverfahren. Der Verfasser Manuel Müller schlägt vor, die Sitze im Verhältnis zu den Quadratwurzeln der Bevölkerungszahlen nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung zu verteilen. Der größte Mitgliedstaat würde dann 68 Sitze erhalten und bliebe weit unter der Kappungsgrenze von 96 Sitzen. Die Mindestgarantie von sechs Sitzen wäre hingegen relevant und würde für den kleinsten Mitgliedstaat gelten.

Die Komplexität des Systems der proportionalen Vervollständigung sprengt den Rahmen des Workshops. Auf die Frage der Zusammensetzung des Parlaments reduziert, würde der alleinige Bezug auf die Quadratwurzel der Bevölkerungszahl einen massiven Transfer der Sitze von den sechs größten Mitgliedstaaten zu den kleineren Staaten bedeuten. Ein Eingriff dieser Größenordnung müsste in eine umfassendere Neugestaltung des europäischen Wahlrechts eingebettet werden.

Kaum Änderungen gegenüber der Ad-hoc-Zusammensetzung 2024-29

Wie unterscheiden sich die vorgeschlagenen Methoden von der Ad-hoc-Zusammensetzung für das Europäische Parlament 2024-2029? Der Power-Kompromiss führt zu einer Zusammensetzung, bei der insgesamt nicht mehr als sieben Sitzen zwischen Mitgliedstaaten transferiert werden müssten. Jeder dieser Transfers betrifft zudem nur einen einzelnen Sitz, außer in einem einzigen Fall, in dem zwei Sitze betroffen sind.

Beim F10P50S-Verfahren werden ebenfalls nur sieben Sitze transferiert, sofern im letzten Schritt das Divisorverfahren mit Aufrundung angewendet wird. Sechs Transfers sind identisch mit denen, die beim Power-Kompromiss erforderlich wären; auch der Fall mit zwei Sitzen ist derselbe. Mit anderen Worten unterscheiden sich Power-Kompromiss und FPS-Technik zwar in ihren Verfahrensvorschriften, stimmen aber (bei Verwendung der QMV-Bevölkerungszahlen von 2023) in ihren Ergebnissen praktisch überein.

Wendet man in der letzten Phase des F10P50S-Verfahrens wie vom Verfasser Victoriano Ramírez vorgeschlagen das Divisorverfahren mit Standardrundung an, so wären insgesamt acht Sitze zu transferieren. In einem Fall würde dies ebenfalls den Transfer von zwei Sitzen beinhalten, in einem weiteren den Transfer von drei Sitzen. Die betroffenen Mitgliedstaaten unterscheiden sich dabei teilweise von den beiden vorhergehenden Methoden.

Zeit, das Projekt abzuschließen

Vor dem Workshop hatten die AFCO-Berichterstatter:innen Ana Collado Jiménez und Niklas Nienaß einen Berichtsentwurf vorgelegt, der keine Festlegung zur Wahl des Zuteilungsverfahrens enthielt. Da sich die laufende Wahlperiode dem Ende zuneigt, scheint es für eine endgültige Entscheidung inzwischen zu spät zu sein.

Der fertige AFCO-Bericht könnte jedoch eine Grundlage bilden, um das Projekt in der nächsten Wahlperiode abzuschließen. Wie Andrew Duff während des Workshops und in einem anschließenden Beitrag auf dem Verfassungsblog betonte, könnten weitere Fortschritte, wie die Einrichtung transnationaler Listen, dann in einem zukünftigen Verfassungskonvent behandelt werden.


Bilder: EP-Plenarsaal: Marius Oprea [Unsplash-Lizenz], via Unsplash; Porträt Friedrich Pukelsheim: Peggy Leiverkus, Deutscher Bundestag [alle Rechte vorbehalten].

Composition of the European Parliament and degressive representation: Three proposals under discussion

By Friedrich Pukelsheim
Plenary of the European Parliament
How should European Parliament seats be allocated between the member states of the Union?

The phrase “composition of the European Parliament” is the legal term of the Lisbon Treaty to signify the allocation of the seats of the European Parliament (EP) between the member states of the Union (Art. 14 (2) TEU). Decisions in this regard are taken unanimously by the European Council on a proposal from the EP. So far, they have always been taken on an ad hoc basis for each upcoming electoral period, and there is no commonly accepted procedure that would allow to directly calculate the number of seats of a member state from its population. The privilege to initiate a decision for adopting such a permanent allocation procedure lies with the EP. Up to now, Parliament has taken no decisive action, despite debating the topic for decades. At least an overall agreement has emerged that the procedure sought must be objective, fair, durable, and transparent.

In February 2024, yet another workshop on a permanent system for the allocation of seats in the EP took place during an ordinary meeting of the Committee on Constitutional Affairs (AFCO). The speakers, Friedrich Pukelsheim, Victoriano Ramírez González and Manuel Müller, proposed three allocation methods: Power Compromise, FPS Technique, and Proportional Completion Through Transnational Lists. In this note, I briefly review the proposals and compare the resulting compositions with the ad hoc composition for the upcoming 2024–2019 Parliament.

Degressive representation

Any allocation procedure establishing the composition of the EP must be respecting and abiding by the rules which govern the Union. Primary and secondary Union law stipulates the criteria to be satisfied. The politically most sensitive and procedurally most challenging criterion, in Art. 14  (2) TEU, demands that

Representation of citizens shall be degressively proportional.

An EP resolution of 2007 interprets degressive proportionality to be an expres­sion of the principle of solidarity whereby

the more populous States agree to be under-represented in order to allow the less populous States to be represented better.

This interpretation renders the term “degressive representation” more meaningful than the paradoxical notion in the Lisbon Treaty, “degressive proportionality”. To simplify wording, I shall speak of degressivity.

Degressivity requires an MEP from a more populous member state to represent more citizens than each MEP from a less populous member state. The concept is turned into a workable definition when decreeing the composition of the 2024–2029 EP: The representation ratio of a more populous member state is to be larger than the representation ratio of a less populous member state, where the representation ratio of a state is the ratio between the state’s population figure and its number of seats before rounding.

The other relevant criteria are straightforward. The states’ contingents of seats range between six and ninety-six seats (Art. 14 (2) TEU). The minimum of six seats is fully utilized for the smallest state. The capping of ninety-six seats is invoked only when necessary, such as at present; should the Union grow further, no state might qualify for ninety-six seats anyway. Finally, increase of population figures and seat contingents has to be concordant, i.e., the larger the population of a member state, the greater its entitlement to a large number of seats.

Population figures

Essential input data for any allocation method are the member states’ population sizes. The question of whom to count, or not to count, is subtle and delicate. However, the European Union has answered the question for its business when setting up the Qualified Majority Voting rule for its Council, which also requires an official definition of member states’ population.

These QMV-population figures are published every December for the subsequent calendar year. Since Council and Parliament are organs with joint governance responsibility, these figures suggest themselves as the input base also for the EP composition. Our sample applications below rely on the QMV-populations for 2023 as they were available when the 2024–2029 composition was decreed.

In case Parliament prefers another data type for the determination of its composition, care must be taken to ensure proper documentation. Current decisions shun any population figures whatsoever, whence neither degressivity nor concordance are verifiable. A passing remark that the population data are taken from EuroStat is insufficient and too vague as this source is in constant flux.

Degressivity is implemented by adjusting raw population figures in a way affecting larger states a bit more and smaller states somewhat less. The degressivity adjustments of the three proposals are fundamentally distinct. The Power Compromise transforms raw population figures into adjusted population units. The FPS Technique converts raw population figures into adjusted seat quotas. Proportional Completion substitutes any population figure by its square root.

Power Compromise

The Power Compromise pays tribute to the representation of member states’ citizenries as a whole as well as to the representation of Union citizens as individuals. Collective citizenries are accounted for in that every member state is allocated the same number of seats, called base seats. For instance, with four base seats for each of 27 member states, 108 seats are committed. With an EP size of 720 seats, 612 seats are remaining for further allocation.

The remaining seats are meted out taking into account the size of the citizenries, thus honouring individual citizens. Due to degressivity, raw population figures are reduced to adjusted population units. The adjustment is performed by raising all population figures to a certain power, the power parameter being calculated from the input data. The remaining seats are apportioned proportionally to adjusted population units using the divisor method with upward rounding. The presence of a power operation suggests the name Power Compromise.

To summarize, the Power Compromise has three parameters that jointly govern the system. The number of base seats is set so as to ensure every state a mini­mum allocation of six seats. The power parameter is calculated from the data at hand so that the largest member state is allocated just 96 seats. The divisor regulates the apportionment of the remaining seats in a way that the seat contingents of all states together exhaust the given EP size.

As an example, when applied to the 2024–2029 EP, the Power Compromise would allocate the 720 seats by way of rather transparent instructions: Every member state is assigned four base seats, plus one seat per 28,321 adjusted population units or part thereof, where the adjusted population units are obtain­ed by raising the 2023 QMV-population figures to the power 0.8095.

The Power Compromise is objective and durable. It permits control and variation of population figures, the number of member states, and the EP seat total. More­over, it features some built-in dynamics towards enhanced simplicity and fairness. It may happen, in a growing Union, that the largest state falls short of 96 seats and capping is evaded. The power parameter would then equal 1, whence raw population figures and adjusted population units would plainly coincide.

FPS Technique

The FPS Technique uses a different type of degressivity adjustment by generat­ing what I term adjusted seat quotas. A state’s adjusted seat quota is a frac­tional quantity close to the state’s eventual seat contingent. The adjusted seat quotas are taken to be a mixture of three parts, fixed part (F), proportional part (P), and square-root part (S). Hence the acronym FPS.

The fixed part splits the seat total equally between all member states. The proportional part subdivides the seat total proportionally to population figures, while the square-root part partitions the seat total in proportion of the populations’ square roots. The parts’ weightings must be preordained in advance. Author Victoriano Ramírez, by way of a comparison with former compositions, recommends a mixture of ten per cent fixed part, fifty per cent proportional part, and the remaining percentage (forty per cent) square-root part. I denote this mixture by F10P50S.

Finally, the available seats are apportioned proportionally to the adjusted seat quotas using the divisor method with standard rounding, observing the restric­tions that a state’s contingent is at least six seats and at most ninety-six seats.

As an example, when applied to the 2024–2029 EP, the F10P50S Technique would allocate the 720 seats by way of the following instructions: The seat contingent of a member state is the whole number nearest to the quotient of its adjusted seat quota and the divisor 0.9955, except when an incrementation to six seats or a decrementation to ninety-six seats is called for. The adjusted seat quota of a member state with 2023 QMV-population pop is given by

0.1 ·

1

· 720 + 0.5 ·

pop

· 720 + 0.4 ·

pop

· 720

27

447,533,143

91,209

The divisor 0.9955 is determined so that the seat contingents of all states sum up to the given EP size of 720 seats. The denominator 447,533,143 corresponds to the population of the entire EU, while 91,209 is the sum of the square roots of the population figures of all member states.

The FPS Technique permits control and variation of population figures, the number of member states, and the EP seat total, as does the Power Compromise.

However, the FPS percentages ten, fifty, and forty are static and insensitive to the data. They invite dispute. The groups of smaller, larger, or middle-sized states would benefit from raising the percentages of the fixed, proportional, or square-root parts, respectively. Since the percentage total is always one hun­dred and constant, one group’s joy is another group’s sorrow.

Moreover, the final stage should employ the divisor method with upward round­ing rather than the divisor method with standard rounding. Upward rounding favours smaller states at the expense of larger states, which is what degressivity is all about.

Proportional Completion through transnational lists

The Proportional Completion system tackles EP elections in their entirety, not just the EP composition. Aiming at electoral equality among all Union citizens, the system strives for a higher level of equality than is currently achieved by separate elections in 27 member states. To this end, 75 seats, of the maximum EP size of 751 seats, are set aside to be filled via transnational lists of European political parties. These 75 seats have an overall European obligation whence they are exempt from being attributed to any particular member state.

This approach leaves 676 seats to be distributed between the member states. Future reinforcement of the European dimension by transnational seats miti­gates domestic ambitions in the seat allocation. The author Manuel Müller proposes to allocate the seats proportionally to the populations’ square roots, using the divisor method with standard rounding. The largest member state would receive 68 seats, thereby eluding the 96 capping. The minimum guarantee of six seats remains relevant and would apply to the smallest member state.

The complexity of the Proportional Completion system reaches beyond the remit of the workshop. Narrowed down to the issues concerning the EP composition, sole reference to populations’ square roots entails a massive transfer of seats from the six largest member states to the other smaller states. An intervention at this scale would need to be embedded into a more extensive redesign of the European Electoral Act.

Only few changes from the ad hoc composition 2024–2029

How do the proposed methods compare to the ad hoc composition for the 2024–2029 EP? The Power Compromise yields a composition differing by a transfer of no more than seven seats altogether. All transfers touch upon a single seat, except for a sole instance that involves two seats.

The F10P50S Technique also transfers just seven seats provided the final stage uses the divisor method with upward rounding. Six transfers are identical to those required by the Power Compromise; the two-seat instance is the same. In other words, these two methods differ in their procedural instructions, but practically coincide in their results (using the 2023 QMV-population figures).

When the final stage of the F10P50S Technique applies the divisor method with standard rounding, as suggested by the author Victoriano Ramírez, a total of eight seats need to be transferred. One instance involves the transfer of two seats, another, three seats. The states affected are partly distinct from the previous two methods.

Time to finish the project

Prior to the workshop, AFCO rapporteurs Ana Collado Jiménez and Niklas Nienaß had issued a Draft Report noncommittal as to the choice of the allocation method. Since the current legislative period is drawing to a close, it seems too late to agree on a definitive decision.

Yet the final AFCO report may set the scene for the next Parliament to finish the project. As Andrew Duff emphasized during the workshop and in a subsequent Verfassungsblog article, further progress, such as the installation of transnational lists, may be addressed in a future constitutional convention.


Pictures: EP plenary: Marius Oprea [Unsplash license], via Unsplash; portrait Friedrich Pukelsheim: Peggy Leiverkus, Deutscher Bundestag [all rights reserved].

27 März 2024

Die Median-Europawahl-Spitzenkandidat:in 2024 ist Europaabgeordnete:r, männlich und deutsch

Von Manuel Müller
Ursula von der Leyen und Nicolas Schmit
Spitzenkandidatenduell 2024: Kommission gegen Kommission, Frau gegen Mann – und wieder einmal Deutschland gegen Luxemburg.

Die Vorwahl-Saison der Europawahl 2024 ist vorüber: Die europäischen Parteien (mit Ausnahme der EKR) haben ihre Wahlparteitage abgehalten, ihre Programme verabschiedet und ihre Spitzenkandidat:innen aufgestellt. Schon bevor in Kürze der Wahlkampf so richtig beginnt, lassen sich damit ein paar erste Beobachtungen zum Stand der europäischen Demokratie festhalten.

Vielleicht die wichtigste davon: Das vor fünf Jahren bereits totgesagte Spitzenkandidatenverfahren ist nach wie vor quicklebendig. 2024 haben so viele europäische Parteien und Fraktionen wie noch nie Kandidat:innen aufgestellt. Die konservative EVP, die sozialdemokratische SPE, Grüne und Linke sind natürlich wieder dabei, ebenso kleinere Parteien wie die Pirat:innen, die regionalistische EFA oder die christliche ECPB. Auch die liberale Renew-Fraktion, aus der immer wieder Zweifel an dem Verfahren geäußert wurden, hat letztlich ein Spitzenteam mit drei Kandidat:innen aufgestellt. Und sogar die rechtsextreme ID-Fraktion will in diesem Jahr nicht darauf verzichten, ihrem Wahlkampf ein Gesicht zu geben – obwohl sie Wert darauf legt, dass ihr Kandidat nicht für das Amt der Kommissionspräsident:in antritt, da dessen Besetzung aus ihrer Sicht nicht den europäischen Wähler:innen, sondern allein der nationalen Regierungschef:innen obliegt.

Aber wer sind nun die neuen Spitzenkandidat:innen? Wo wurden sie politisch sozialisiert, in welchen Institutionen haben sie Karriere gemacht? Und wie verteilen sie sich nach Geschlecht und nationaler Herkunft?

Karrierewege 2014: Viele Europaabgeordnete bewerben sich

Schon bei der Europawahl 2014, als die Parteien zum ersten Mal Kandidat:innen für die Kommissionspräsidentschaft aufstellten, war bei den Nominierungen ein interessantes Muster zu beobachten. Während alle Kommissionspräsidenten seit den 1970er Jahren zuvor ein wichtiges nationales Regierungsamt bekleidet hatten, bewarben sich um die Spitzenkandidatur vor allem Politiker:innen, die ihre Karriere im Europäischen Parlament gemacht hatten: etwa der sozialdemokratische Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD/SPE), die grünen Europaabgeordneten Ska Keller (Grüne/EGP) und José Bové (EELV/EGP) oder der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt (Open-VLD/ALDE), der allerdings zuvor auch belgischer Premierminister gewesen war.

Die große Ausnahme war der EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker (CSV/EVP), der viele Jahre luxemburgischer Premierminister gewesen war, ehe er im Herbst 2013 eine nationale Wahl verloren hatte. Ausgerechnet Juncker war allerdings der erfolgreichste unter den europäischen Bewerber:innen: 2014 setzte er sich erst bei der EVP-internen Vorwahl gegen den damaligen Binnenmarktkommissar Michel Barnier (LR/EVP) durch und gewann dann auch die Europawahl und die Kommissionspräsidentschaft.

2019: Weber scheitert auch an fehlender Regierungserfahrung

Dennoch entstammten auch bei der Europawahl 2019 wieder alle wichtigen Kandidat:innen den EU-Institutionen: Im Duell der Großen trat EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU/EVP) auf Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans (PvdA/SPE), und auch die kleineren Parteien schickten großteils Europaabgeordnete (Ska Keller und Bas Eickhout für die Grünen, Jan Zahradil für die EKR) oder Kommissionsmitglieder (Margrethe Vestager als bekanntestes Gesicht des ALDE-Spitzenteams) ins Rennen.

Nationale Regierungserfahrung hatte kaum jemand von ihnen; insbesondere Weber war niemals Mitglied irgendeines Exekutivorgans gewesen. Einige Länderchef:innen im Europäischen Rat nahmen dies nach der Wahl auch als Argument, um ihn als Kommissionspräsidenten abzulehnen und stattdessen Ursula von der Leyen (CDU/EVP) zu nominieren – eine nationale Ministerin, deren prägendste europapolitische Erfahrung bis dahin darin bestand, als Tochter eines EG-Beamten in Brüssel aufgewachsen zu sein.

2024: Kommissionsmitglieder, Abgeordnete und Außenseiter:innen

Institutionelle Herkunft der Spitzenkandidat:innen

2024 bestätigt sich das Muster nun erneut: Als Spitzenkandidat:innen der europäischen Parteien bewerben sich vor allem Mitglieder der supranationalen EU-Institutionen, also der Kommission und des Europäischen Parlaments. Blickt man noch etwas genauer hin, ist dabei eine interessante Dreiteilung zu erkennen:

  • Die beiden größten Parteien, die als Einzige realistische Chancen auf einen Wahlsieg haben, setzen beide auf Mitglieder der Europäischen Kommission: Die amtierende Präsidentin von der Leyen wird von ihrem Arbeitskommissar Nicolas Schmit (LSAP/SPE) herausgefordert. Sowohl von der Leyen als auch Schmit besitzen lange Exekutiverfahrung sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
  • In den kleineren Parteien stellt die Spitzenkandidatur hingegen vor allem eine Gelegenheit dar, sich für eine wichtige Rolle im Parlament zu profilieren. Entsprechend treten hier hauptsächlich Abgeordnete an – für die Grünen Terry Reintke (Grüne/EGP) und Bas Eickhout (GroenLinks/EGP) an, für die ID Anders Vistisen (DF/–), für die europäische Piratenpartei Marcel Kolaja (Piráti/PPEU). Das Spitzentrio der europäischen Liberalen besteht aus den zwei Europaabgeordneten Valérie Hayer (RE/–) und Sandro Gozi (IV/EDP) sowie der deutschen Bundestagsabgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP/ALDE), die allerdings nach der Wahl ins Europäische Parlament wechseln wird. Regierungserfahrung hat unter ihnen nur Gozi, der früher italienischer Europa-Staatssekretär war.
  • Die übrigen Spitzenkandidat:innen wiederum haben derzeit keine relevanten Wahlämter inne: Für die Europäische Linke (Walter Baier, KPÖ/EL) und die Europäische Christliche Politische Bewegung (Valeriu Ghilețchi, –/ECPB) treten die jeweiligen Parteichefs an. Die regionalistische EFA nominierte Maylis Roßberg (SSW/EFA, Fraktionsmitarbeiterin im Schleswig-Holsteiner Landtag) und Raül Romeva (ERC/EFA, ehemaliger Europaabgeordneter und katalanischer Minister). Die zweite Spitzenkandidatin der europäischen Piratenpartei, Anja Hirschel (Piraten/PPEU), ist Stadträtin in Ulm. Gemeinsam ist ihnen allen, dass ihre Chancen, bei der Wahl einen Sitz zu gewinnen, sehr gering sind; Ghilețchi (als Nicht-EU-Bürger) und Romeva (aufgrund eines Gerichtsurteils wegen Aufruhrs und Veruntreuung) können überhaupt nicht gewählt werden. Spitzenkandidat:in zu sein ist für sie deshalb hauptsächlich eine Chance auf mediale Aufmerksamkeit.

Nationale Regierungspolitiker:innen gibt es unter den Spitzenkandidat:innen hingegen auch in diesem Jahr nicht. Insbesondere bei SPE und Liberalen winkten verschiedene prominente (Ex-)Regierungschef:innen ab – etwa Sanna Marin (SDP/SPE) aus Finnland, Pedro Sánchez (PSOE/SPE) aus Spanien und Kaja Kallas (RE/ALDE) aus Estland. Von den nationalen Hauptstädten in die Brüsseler Parteien ist offenbar noch immer ein allzu weiter Weg.

Erste weibliche Einzel-Spitzenkandidatin

Geschlechterverteilung der Spitzenkandidat:innen

Was die Ausgewogenheit der Geschlechter betrifft, zeigte sich bei den Spitzenkandidat:innen hingegen eine gewisse Entwicklung. 2014 und 2019 bewarben sich bei EVP und SPE jeweils nur Männer um die Kommissionspräsidentschaft. Und auch unter den kleineren Parteien gab es keine, die eine Frau allein nach vorne stellte: 2014 nominierten die Grünen und die Pirat:innen, 2019 die Grünen und die Linke jeweils eine gemischte Doppelspitze; die Liberalen traten 2019 mit einem Team aus fünf Frauen und zwei Männern an.

Diese männliche Dominanz wirkte sich 2019 durchaus zum Schaden der Spitzenkandidat:innen aus: Als der Europäische Rat von der Leyen als Gegenkandidatin nominierte, sahen verschiedene progressive Parteien das nicht nur als Affront gegen das Spitzenkandidatenprinzip, sondern auch als historische Chance zur Wahl der ersten weiblichen Kommissionspräsidentin.

2024 ist von der Leyen nun auch die erste weibliche Einzel-Spitzenkandidatin. Aber auch sonst hat sich die Frauenquote etwas erhöht: Mit Grünen, EFA und Piratenpartei treten diesmal gleich drei Parteien mit gemischter Doppelspitze an, zudem hat die RE-Fraktion diesmal ein Team aus zwei Frauen und einem Mann. Männliche Einzel-Spitzenkandidaten haben SPE, Linke, ECPB und ID.

Nationale Ungleichverteilung

Europakarte mit Herkunftsverteilung der Spitzenkandidat:innen

Während es beim Verhältnis der Geschlechter also langsam vorangeht, ist die Verteilung nach regionaler Herkunft weiterhin erschreckend unausgewogen. Besonders frappierend zeigt sich das bei EVP und SPE: Bereits zum dritten Mal in Folge stehen sich im Spitzenduell der beiden größten Parteien eine Kandidat:in aus Deutschland (Schulz, Weber, von der Leyen) und eine aus einem Benelux-Land (Juncker, Timmermans, Schmit) gegenüber.

Aber auch bei den kleineren Parteien zeigt sich ein ähnliches Muster. Insgesamt treten bei der Europawahl 2024 an:

  • fünf Spitzenkandidat:innen aus Deutschland (von der Leyen, Strack-Zimmermann, Reintke, Roßberg, Hirschel),
  • vier Spitzenkandidat:innen aus einem der fünf anderen EG-Gründerstaaten (Schmit, Hayer, Gozi, Eickhout),
  • drei Spitzenkandidat:innen aus einem der acht anderen „alten“, d. h. vor 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten (Romeva, Baier, Vistisen)
  • ein Spitzenkandidat aus einem der dreizehn „neuen“, seit 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten (Kolaja),
  • ein Spitzenkandidat aus einem Beitrittskandidatenland (Ghilețchi).

Dieses Verhältnis von 5:4:3:1(:1) ist noch etwas unausgewogener als 2014 (2:3:3:0) und 2019 (3:5:3:4, ohne das liberale Team: 2:3:1:2). Die oft gehörte Behauptung, das europäische Spitzenkandidatenverfahren sei eine „deutsche Erfindung“, ist zwar offenkundig Unsinn – ähnliche Verfahren gibt es auf nationaler Ebene fast überall in Europa. Richtig ist aber, dass es unter den Kandidat:innen selbst ein nationales Ungleichgewicht gibt und Bewerber:innen aus Deutschland und anderen EG-Gründungsstaaten sehr viel öfter zum Zuge kommen als solche aus den ostmitteleuropäischen Ländern.

Größe ist wichtig, transnationale Vernetzung noch wichtiger

Diese Unausgewogenheit hat unterschiedliche Gründe. So gibt es bei der Europawahl in Deutschland natürlich besonders viele Sitze zu holen, sodass es den europäischen Parteien wichtig ist, dort sichtbar zu sein. Zugleich sind innerhalb der europäischen Parteien und Fraktionen die deutschen Delegationen regelmäßig besonders stark, was deutschen Bewerber:innen einen zusätzlichen Vorteil verschafft.

Der auffällige Erfolg von Benelux-Kandidat:innen zeigt allerdings, dass es nicht auf die Größe allein ankommt. Ein weiterer wichtiger Faktor dürfte sein, dass die Idee einer europäischen (Parteien-)Demokratie in den westeuropäischen Ländern eine längere Tradition hat. Zudem reagierte die Öffentlichkeit hier von Anfang an mit etwas höherem Interesse auf die Spitzenkandidat:innen: So fanden im deutschen Fernsehen zusätzlich zu den europaweiten Spitzenkandidatendebatten 2014 und 2019 noch eigene, deutschsprachige Duelle zwischen Juncker und Schulz bzw. Weber und Timmermans statt.

Infolgedessen scheint es in den alten Mitgliedstaaten auch unter Politiker:innen ein stärkeres Bewusstsein zu geben, wie man durch transnationale Parteipolitik die eigene Karriere fördern kann. Wie oben bereits angesprochen, hatten sowohl die europäischen Sozialdemokrat:innen als auch die Liberalen in den letzten Monaten einige Nöte, geeignete Kandidat:innen zu finden – bis am Ende wieder ein Luxemburger (Schmit) und eine Deutsche (Strack-Zimmermann) zugriffen. Beide waren vorher durchaus nicht als europapolitische Schwergewichte bekannt gewesen. Doch während andere potenzielle Bewerber:innen abwinkten, ergriffen sie die Chance, die sich ihnen mit der Spitzenkandidatur bot.

Es droht eine geografische Spaltung der EU

Dass diese geografische Unausgewogenheit auf die Dauer zu Problemen führt, liegt auf der Hand. Schon bei den letzten Europawahlen hat sich gezeigt, dass die EU-Spitzenkandidat:innen in ihrem jeweils eigenen Land den größten Einfluss auf die öffentliche Debatte (und das Wahlergebnis) hatten.

Im schlimmsten Fall droht sich die EU beim Umgang mit den europäischen Parteien und Spitzenkandidat:innen in zwei Sphären auseinanderzuentwickeln: mit einer Aufwärtsspirale aus größerem Engagement einzelner Politiker:innen, wachsender medialer Aufmerksamkeit und öffentlicher Legitimität der europäischen Parteien in Deutschland und den anderen „alten“ Mitgliedstaaten – und einer Abwärtsspirale aus ausbleibendem Interesse, fehlender Identifikation, einem Gefühl der Benachteiligung und einer Konzentration auf intergouvernementale Verfahren und vom Europäischen Rat zu vergebende Posten in den „neuen“ Ländern.

Für die Zukunft ist es deshalb dringend nötig, dass sich die europäischen Parteien stärker transnationalisieren und insbesondere ihre ostmitteleuropäischen Mitgliedsparteien besser einbinden – nicht zuletzt mit dem Ziel, dass sich Politiker:innen aus den „neuen“ Mitgliedstaaten auch selbst stärker einbringen und europäische Parteipolitik als Chance zur individuellen Profilierung erkennen.

Auf in den Wahlkampf!

Erst einmal aber gilt es für die nun nominierten Spitzenkandidat:innen, sich im Wahlkampf zu präsentieren, ihre unterschiedlichen Positionen darzulegen und der Öffentlichkeit zu zeigen, was bei dieser der Wahlentscheidung auf dem Spiel steht. Die Ausgangsbedingungen dafür sind besser als in der Vergangenheit: Umfragen in mehreren Ländern (siehe etwa hier, hier und hier) weisen auf ein erhöhtes öffentliches Interesse an der Europawahl hin.

Ein voller Erfolg für die europäische Demokratie wird der Wahlkampf jedoch nur, wenn es gelingt, dieses Interesse auch in Aufmerksamkeit für die europäischen Schlüsselthemen und Spitzenpolitiker:innen zu überführen. Am 29. April findet in Maastricht die erste Spitzenkandidatendebatte an, die europaweit auch im Webstream zu sehen sein wird.


Update, 8. April 2024: Nach Veröffentlichung dieses Artikels nominierte auch Volt Europa noch ein Spitzenkandidatenduo zur Europawahl: Damian Boeselager aus Deutschland und Sophie in ’t Veld aus den Niederlanden, beide derzeit Mitglieder des Europäischen Parlaments.


Bilder: Schmit und von der Leyen: EC Audiovisual Service 2022, photographer: Dati Bendo [Commission reuse policy], via European Commission; Grafiken: Manuel Müller, basierend auf: Mann/Frau-Icon: VectorPortal, Europakarte: d-maps.com [Lizenz].

The median EU lead candidate in 2024 is an MEP, male, and from Germany

By Manuel Müller
Ursula von der Leyen and Nicolas Schmit
Duel of the lead candidates 2024: Commission versus Commission, woman versus man – and, once again, Germany versus Luxembourg.

The primary season for the 2024 European elections is over: All European parties (except the ECR) have held their party conferences, adopted their programmes and nominated their lead candidates. This allows us to make some preliminary observations on the state of European democracy before the real election campaign begins.

Perhaps the most important of these is that the lead candidate system, which had already been declared dead five years ago, is still alive and kicking. For 2024, more European parties and groups have put forward candidates than ever before. The conservative EPP, the social-democratic PES, the Greens and the Left are back, of course, as are smaller parties such as the Pirates, the regionalist EFA and the Christian ECPM. Even the liberal Renew group, which had repeatedly expressed doubts about the process, ended up with a lead team of three candidates. And even the far-right ID group wants to have a face in this year’s election campaign – although it stresses that its candidate is not running for the post of Commission president, whose nomination it believes is a prerogative of the national leaders, not the European voters.

But who are the new lead candidates? Where were they politically socialised, in which institutions did they make their careers? And how are they distributed in terms of gender and national origin?

2014: mostly MEPs running

Already in the 2014 European elections, when the parties put forward candidates for the Commission presidency for the first time, an interesting pattern could be observed in the nominations. Unlike all Commission presidents since the 1970s, who had previously held a major national government post, the lead candidates were mainly politicians who had made their careers in the European Parliament: for example, the president of the European Parliament Martin Schulz (SPD/PES), Green MEPs Ska Keller (Greens/EGP) and José Bové (EELV/EGP), or the leader of the liberal group Guy Verhofstadt (Open-VLD/ALDE), although the latter had previously also been Belgian prime minister.

The big exception was the EPP lead candidate, Jean-Claude Juncker (CSV/EPP), who had been prime minister of Luxembourg for many years before losing a national election in autumn 2013. However, Juncker, of all people, was also the most successful European candidate: in 2014, he first won the EPP’s internal primary against then single market commissioner Michel Barnier (LR/EPP), and went on to win also the European elections and the Commission presidency.

2019: Weber fails, also due to lack of government experience

Nevertheless, in the 2019 European elections, all the main lead candidates came again from the EU institutions. In the duel between the major parties, EPP group leader Manfred Weber (CSU/EPP) stood against Commission vice-president Frans Timmermans (PvdA/PES). Most smaller parties also sent MEPs (Ska Keller and Bas Eickhout for the Greens, Jan Zahradil for the ECR) or commissioners (Margrethe Vestager as the best-known face of the ALDE top team) into the race.

Hardly any of them had any experience of national government; Weber, in particular, had never been a member of any executive body. After the election, some of the national leaders in the European Council used this as an argument for rejecting him as Commission president. Instead, they nominated Ursula von der Leyen (CDU/EPP) – a national minister whose main experience in European politics until that time had been growing up in Brussels as the daughter of an EC official.

2024: Commissioners, MEPs and outsiders

Institutionelle Herkunft der Spitzenkandidat:innen

In 2024, the pattern is confirmed once again: the lead candidates of the European parties are mainly members of the supranational EU institutions, i.e. the Commission and the European Parliament. A closer look reveals an interesting three-way split:

  • The two largest parties, the only ones with a realistic chance of winning the election, are both backing members of the European Commission: incumbent Commission president von der Leyen is being challenged by her employment commissioner, Nicolas Schmit (LSAP/PES). Both von der Leyen and Schmit have many years of executive experience at national and European level, so the European Council cannot use this issue as an excuse to reject them.
  • In the smaller parties, being a lead candidate means mainly an opportunity to make a name for oneself in order to obtain an important role in the Parliament. Accordingly, the lead candidates are mainly MEPs – Terry Reintke (Greens/EGP) and Bas Eickhout (GroenLinks/EGP) for the Greens, Anders Vistisen (DF/–) for the ID and Marcel Kolaja (Piráti/PPEU) for the Pirates. The European Liberals’ top trio consists of two MEPs, Valérie Hayer (RE/–) and Sandro Gozi (IV/EDP), as well as the German national MP Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP/ALDE), who, however, will switch to the European Parliament after the elections. Of these, only Gozi, who was previously Italy’s secretary of state for European affairs, has government experience.
  • Finally, the other lead candidates don’t currently hold any relevant electoral positions. The European Left (Walter Baier, KPÖ/EL) and the European Christian Political Movement (Valeriu Ghilețchi, –/ECPB) have both nominated their respective party chairs. The regionalist EFA has nominated Maylis Roßberg (SSW/EFA, an assistent of the party’s group in the Schleswig-Holstein state parliament) and Raül Romeva (ERC/EFA, a former MEP and Catalan minister). The European Pirates’ second lead candidate, Anja Hirschel (Piraten/PPEU), is a city councillor in Ulm. What all these candidates all have in common is that their chances of winning a seat in the election are very slim; Ghilețchi (as a non-EU citizen) and Romeva (due to a court sentence for sedition and embezzlement) cannot be elected at all. For them, being the lead candidate is therefore mainly a chance to gain media attention.

Meanwhile, there are once again no members of any national government among the lead candidates. Especially among the Social Democrats and the Liberals, several prominent (ex-)leaders – such as Sanna Marin (SDP/PES) from Finland, Pedro Sánchez (PSOE/PES) from Spain and Kaja Kallas (RE/ALDE) from Estonia – have declined to stand. It seems that there is still a long way to go from the national capitals to the Brussels parties.

First female single lead candidate

Geschlechterverteilung der Spitzenkandidat:innen

In terms of gender balance, there has been some evolution in the lead candidates. In the 2014 and 2019 EPP and PES primaries, only men stood for the Commission presidency. And even among the smaller parties, none put forward a woman without a male partner: The Greens (in 2014 and 2019), the Pirates (in 2014) and the Left (in 2019) each nominated a mixed double as lead candidates; and the Liberals ran with a team of five women and two men in 2019.

In 2019, this male dominance worked to the detriment of the lead candidate system. When the European Council nominated von der Leyen as a counter-candidate, several progressive parties saw this not only as a threat to the lead candidates, but also as a historic opportunity to elect the first female Commission president.

In 2024, von der Leyen is now also the first female individual lead candidate. But the gender ratio has become somewhat more balanced alsso among the other parties: With the Greens, the EFA and the Pirates, three parties are running with a mixed double this time, and the RE group has a team of two women and one man. The PES, Left, ECPM and ID have male single candidates.

National imbalances

Europakarte mit Herkunftsverteilung der Spitzenkandidat:innen

But while the gender balance is slowly improving, the lead candidates’ distribution by national origin remains alarmingly uneven. This is particularly striking in the case of the EPP and PES: In the top duel between the two largest parties, a candidate from Germany (Schulz, Weber, von der Leyen) and a candidate from a Benelux country (Juncker, Timmermans, Schmit) will be facing each other for the third time in a row.

However, a similar pattern can also be seen among the smaller parties. Overall, the 2024 European elections will be contested by:

  • five lead candidates from Germany (von der Leyen, Strack-Zimmermann, Reintke, Roßberg, Hirschel),
  • four lead candidates from one of the five other EC founding countries (Schmit, Hayer, Gozi, Eickhout),
  • three lead candidates from one of the eight other “old” member states, i.e. those who joined before 2004 (Romeva, Baier, Vistisen)
  • one lead candidate from one of the thirteen “new” member states that joined since 2004 (Kolaja),
  • one lead candidate from a candidate country (Ghilețchi).

This ratio of 5:4:3:1(:1) is even more unbalanced than in 2014 (2:3:3:0) and 2019 (3:5:3:4, without the liberal team: 2:3:1:2). The often-heard claim that the European lead candidates system is a “German invention” is obviously nonsense – similar procedures exist at national level almost everywhere in Europe. However, it is true that there is a national imbalance among the candidates themselves and that candidates from Germany and other EC founding states are much more likely to be selected than those from the Central and Eastern European countries.

Size matters, transnational networking matters even more

This imbalance has various reasons. There are, of course, a particularly large number of seats up for grabs in the European elections in Germany, so it is important for European parties to be visible there. At the same time, the German delegations within the European parties and political groups are usually very strong, which gives German candidates an advantage in intra-party primaries.

However, the notable success of Benelux candidates shows that it is not size alone that matters. Another important factor could be that the idea of a European (party) democracy has a longer tradition in Western Europe. In addition, the public in these countries reacted with somewhat greater interest in the lead candidates from the outset: For example, in addition to the Europe-wide lead candidate debates, the German television also broadcasted separate German-language duels between Juncker and Schulz in 2014 and Weber and Timmermans in 2019.

As a result, there seems to be a greater awareness among politicians in the “old” member states that engaging in transnational party politics can help to promote their own careers. As mentioned above, both the European Socialists and the Liberals have had some difficulty finding suitable candidates in recent months – until a Luxembourger (Schmit) and a German (Strack-Zimmermann) stepped up again in the end. Neither of them had previously been known as European political heavyweights, but while other potential candidates waved them off, they seized the opportunity presented to them with the lead candidacy.

The risk of a geographical split in the EU

It is obvious that this geographical imbalance will lead to problems in the long term. The last European elections already showed that it was in their own country where the EU lead candidates had the greatest influence on the public debate (and the election result). In the worst case, there is a danger that the EU will split into two spheres in the way it deals with European parties and their lead candidates: on the one hand, an upward spiral of greater commitment on the part of individual politicians, growing media attention and increased public acceptance and legitimacy of the European parties in Germany and the “old” member states – on the other hand, a downward spiral of lack of interest, lack of identification, feelings of discrimination and a focus on intergovernmental procedures and posts to be allocated by the European Council in the “new” countries.

To avoid this split, European parties urgently need to become more transnational in the future and, in particular, to better integrate their Central and Eastern European member parties – not least with the aim of making politicians from the “new” member states realise that involvement in European party politics can be an opportunity to sharpen their individual profiles and pursue a supranational career.

Off to the election campaign!

First of all, however, it is now time that the lead candidates who have been nominated this year present themselves on the campaign trail, explain their political differences and show the public what is at stake in this election. The starting conditions for this are better than in the past: surveys in several countries (see here, here and here) indicate an increased public interest in the European elections.

But the campaign will only be a full success for European democracy if this interest can also be translated into more attention for the future European leaders and key issues. On 29 April, the first debate between the lead candidates will take place; it can be watched across Europe via webstream.


Update, 8 April 2024: After the publication of this article, Volt Europa has also nominated a lead candidate duo for the 2024 election: Damian Boeselager from Germany and Sophie in ’t Veld from the Netherlands, both currently members of the European Parliament.


Pictures: Schmit and von der Leyen: EC Audiovisual Service 2022, photographer: Dati Bendo [Commission reuse policy], via European Commission; graphs: Manuel Müller, based on: gender icons: VectorPortal, Europe map: d-maps.com [license].

25 März 2024

EU to go: Gegenwind oder grünes Licht? Was Wähler:innen klimapolitisch wollen

In der Podcastserie „EU to go – Der Podcast für Europapolitik“ präsentiert das Jacques Delors Centre kompakte Hintergründe zur Europapolitik. Einmal im Monat analysieren Moderatorin Thu Nguyen und ihre Gäste in 20 bis 30 Minuten ein aktuelles Thema.

„EU to go – Der Podcast für Europapolitik“ erscheint hier im Rahmen einer Kooperation mit dem Jacques Delors Centre. Er ist auch auf der Homepage des Jacques Delors Centre selbst sowie auf allen bekannten Podcast-Kanälen zu finden.

Steht die Europäische Union vor einem grünen Backlash? In Anbetracht der Proteste von Landwirt:innen in einer Reihe von Mitgliedstaaten und einem prognostizierten Rechtsruck bei der Europawahl wird häufig der Eindruck vermittelt, dass die Klimapolitik der EU und ihrer Mitgliedsländer mittlerweile auf breiten Gegenwind aus der Bevölkerung stößt. Doch wie standfest ist diese Erzählung? Unsere aktuelle Umfrage zeigt, dass die Realität komplizierter ist als die Schlagzeilen: 15.000 Befragte in Frankreich, Deutschland und Polen fordern demnach mehrheitlich eine weiterhin ambitionierte Klimapolitik. Die Befragung vom Jacques Delors Centre in Zusammenarbeit mit Tarik Abou-Chadi von der Universität Oxford und Markus Kollberg von der Humboldt-Universität zu Berlin wurde Anfang März veröffentlicht, die Daten sind über ein interaktives Dashboard einsehbar.

Policy Fellow Jannik Jansen und Nils Redeker, stellvertretender Direktor des Jacques Delors Centre, beleuchten gemeinsam mit Thu Nguyen die aktuelle klimapolitische Debatte, stellen die Ergebnisse ihrer Umfrage vor und fragen sich: Welche Faktoren bedingen die jeweilige Einstellung zur Klimapolitik? Welche Maßnahmen sind unter welchen Wählergruppen populär, welche unbeliebt? Und was lässt sich aus den Daten in Hinblick auf den Europawahlkampf schlussfolgern?

21 März 2024

FIIA Forum 2024: The European Union in a year of change

By Manuel Müller
FIIA Forum 2024

Yesterday, 20th March, the FIIA Forum – the annual flagship event of the Finnish Institute of International Affairs – took place. This year it was dedicated to “the European Union in a year of change”.

The four sessions included:

If you weren’t able to join us in person, don’t worry: the event was webstreamed and a recorded version can be found on the FIIA YouTube channel. Have a look, it’s worth the watch!

The recording of the full event is available here. To go directly to a specific session, please use the links below:

  • Opening remarks by Mikael Mattlin and Juha Jokela (10:36)
  • Keynote session: Speech by Elina Valtonen (19:59)
  • Keynote session: Elina Valtonen in dialogue with Juha Jokela (31:56)
  • Panel I: The European Union in a changing world (50:25)
  • Panel I: Keynote remarks by Elizabeth Sidiropoulos (56:50)
  • Panel I: Discussion (1:20:24)
  • Coffee break – not much to see here, really (2:15:14)
  • Panel II: The European Parliament elections and their impact (2:43:56)
  • Panel II: Introductory statements (2:46:50)
  • Panel II: Discussion (3:08:46)
  • High-level session: EU enlargement and reform (3:50:28)
  • High-level session: Speech by Anders Adlercreutz (3:52:18)
  • High-level session: Discussion (4:00:23)
  • Concluding remarks by Juha Jokela (4:35:00)

Picture: FIIA.